Während des Ramadan gerät in Marokko das gesamte öffentliche Leben etwas aus den Fugen. Damit sind auch einige Einschränkungen für Touristen verbunden. Doch trotz dieser besonderen Situation kann ein Marokko-Urlaub in der Fastenzeit eine sehr intensive Erfahrung sein.
Rund 98,7 % der Bevölkerung Marokkos sind Muslime. Sie halten sich pflichtbewusst an die Fastenzeit und die damit verbundenen Regeln. Wegen dieser Vorschriften folgt der Tagesrhythmus während des Ramadan einem anderen Takt als in den übrigen Monaten.
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Als Tourist muss man sich natürlich auf den Ramadan einlassen können. Schließlich ist der Einfluss des islamischen Fastenmonats auch für Nichtmoslems spürbar. So sind zum Beispiel viele Restaurants, Cafés und Geschäfte tagsüber geschlossen. Öffentliche Verkehrsmittel fahren nur eingeschränkt und einige Sehenswürdigkeiten passen ihre Öffnungszeiten an. Überdies merkt man auch vielen Marokkanern die Anstrengung des Fastens an. Die meisten Leute wirken spürbar entschleunigt. Demzufolge wird man deutlich seltener in den Souks angesprochen. Aber manche Marokkaner reagieren auch übermüdet und gereizter als sonst. Fastenstress eben.
Doch diese kleinen Einschränkungen gelten nur tagsüber. Sie sind vergessen, wenn der Sonnenuntergang und damit das Fastenbrechen naht. Dann nämlich verwandelt sich die ganze Stadt in ein pulsierendes Meer aus Freude, Glück und jede Menge kulinarischer Köstlichkeiten. Die Nacht wird zum Tag gemacht. Die Menschen sind ausgelassen, freudig und satt. Allerorten wird gefeiert. Manchmal bis zum ersten Sonnenstrahl, mit dem ein neuer Fastentag anbricht.
Was ist Ramadan?
Der Ramadan ist eine der wichtigsten religiösen Feierlichkeiten des Islam. Der Fastenmonat dauert mehr als einen ganzen Monat. Er zieht sich von Neumond zu Neumond und endet mit dem dreitägigen Zuckerfest. Ramadan wird weltweit zelebriert wird und gilt als Zeit spiritueller Disziplin, individueller Reinigung, Anteilnahme, Nächstenliebe und Besinnung. Die Zeit der religiösen Einkehr wird auch in Marokko durch regionale Traditionen und heilige Zeremonien wie dem Tarawih-Gebet geprägt, das am Vorabend des 1. Fastentages stattfindet.
Der Zeitraum geht auf den Propheten zurück. Mohammed soll im 9. Monat des islamischen Mondkalenders gefastet zu haben. Zu dieser Zeit habe er auch die Zeilen des Korans empfangen. Heute zollen ihm Gläubige durch ihr Fasten im Ramadan Tribut. In dieser von bewusster Einschränkung und selbstbestimmter Abstinenz geprägten Zeit haben sie die Möglichkeit, verstärkt in einen Dialog mit Allah zu treten. Die Gläubigen sollen sich ihrer Werte bewusst werden, ihre Lebensweisen hinterfragen und ihre Seele reinigen. Dadurch sollen sie schließlich ihre Beziehungen zu sich und der Welt, ihren Mitmenschen, Angehörigen und Freunden klären und festigen.
Ramadan ist eine ganz besondere Zeit für Muslime. Eine heilige Zeit verstärkter Nächstenliebe und Barmherzigkeit. Aber auch eine Zeit vieler Regeln. Diese sind in der heutigen schnelllebigen Zeit auch in Marokko gar nicht mal so einfach zu befolgen. In diesem Sinne: Ramadan Kareem – Habt einen reichlichen Ramadan!
Ramadan Regeln
Für Muslime zählt „Saum“, also das Fasten während des Ramadan, zu einer der fünf Säulen des Islam. Es gehört damit zu den Hauptpflichten eines jeden Gläubigen.
Verzicht auf Speisen und Getränke
Für fastende Muslime bedeutet dies in erster Linie, dass sie vom ersten bis zum letzten Tag des Ramadan in der Zeit zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang auf jegliche Nahrungs- und Flüssigkeitsaufnahme verzichten. Erst wenn der letzte Sonnenstrahl des Tages am Horizont versinkt, kommt die Familie zum gemeinsamen Fastenbrechen, dem sogenannten Iftar, zusammen.
Das tägliche Fasten wird traditionell mit Datteln und einem Glas Milch gebrochen. So soll es auch der Prophet getan haben. Im Anschluss daran gibt es ein gemeinsames Abendessen, das je nach finanzieller Ausstattung mehr oder weniger opulent ausfällt.
Verzicht auf Genussmittel
Doch muss tagsüber nicht nur auf Essen und Trinken verzichten werden. Die Vorschriften gehen noch einen Schritt weiter. Sie untersagen jeglichen Konsum von Genussmitteln beziehungsweise „irdischen Substanzen“. Daher ist Gläubigen das Rauchen ebenso wie der Konsum von Alkohol während dieser Zeit untersagt.
Während des Ramadan sind In Marokko die Alkoholläden oftmals geschlossen. Dann wird man auf der Suche nach Bier nur noch in den ausländischen Supermärkten größerer Städte fündig.
Enthaltsamkeit
Eine weitere Regel betrifft die Enthaltsamkeit. Während des gesamten Ramadan ist Muslimen kein Geschlechtsverkehr erlaubt. Der Fokus liegt eben bei Gott und seinem inneren Frieden, nicht bei der Befriedigung körperlicher Bedürfnisse. Daher solltest du aus Respekt vor dieser wichtigen islamischen Tradition während des Ramadan noch mehr als sonst darauf achten, dich nicht zu freizügig zu kleiden oder in der Öffentlichkeit Zärtlichkeiten auszutauschen.
Ethisch-moralische Regeln
Neben diesen klaren Vorschriften werden auch ethische Verhaltensweisen definiert. So gilt es, besonders redlich zu leben und zu reden, mehr als in den restlichen Monaten des islamischen Mondjahres. Lügen, Beleidigungen, Verleumdungen und üble Nachrede sind strengstens zu vermeiden.
Ausnahmen bestätigen die Regel
Folgt man dem Koran, so ist ein jeder Muslim, der „im vollen Besitz seiner Geisteskräfte“ ist, dazu verpflichtet, sich an diese Regeln zu halten. Ausnahmen gelten für Kinder unter 14 Jahren, Reisende, Kranke, Schwangere, Stillende und Menstruierende. Von nichtmuslimischen Touristen wird folglich nicht erwartet, dass sie fasten.
Um es den Marokkanern zu erleichtern, sich an dieses Korsett religiöser Vorschriften zu halten, ist während des Ramadan der Arbeitstag von 8 auf 6 Stunden verkürzt. Weiterhin wird die Uhr um eine Stunde zurückgestellt. Auch diesen Aspekt sollte man bei einem Urlaub in Marokko während der Fastenzeit bedenken.
Das Fastenbrechen
So ruhig und entschleunigt sich die Tage während des Ramadan Fastenmonat gestalten, so regsam ist die Zeit unmittelbar vor Sonnenuntergang und der anschließenden Nacht. Denn jetzt erst beginnt das Leben zu erwachen. Ein jeder Marokkaner will so schnell wie möglich an den gedeckten Tisch seiner Familie oder zu seinen Freunden. Der latente Hunger des Tages manifestiert sich nun in überfüllten Straßen und einer ruhelosen Betriebsamkeit.
Dann bricht urplötzlich eine Stille über Stadt und Land ein. Die Marokkaner essen im Kreise ihrer Liebsten und genießen den besonderen Moment des gemeinsamen Fastenbrechens. Für Unbeteiligte ist dieses Wechselspiel aus hektisch-chaotischem Treiben und der sich anschließenden Ruhe eine einzigartige und authentische Erfahrung. Nach dem Iftar verschlägt es viele Marokkaner zurück auf die Straßen. Die Städte erwachen wieder zum Leben. Ein Essstand reiht sich neben den anderen und es duftet nach frischem Essen.
Das Zuckerfest Eid al-Fitr
Das Highlight und der krönende Abschluss des Fastenmonats bildet das Zuckerfest Eid al-Fitr. Das Fest ist von seiner Wertigkeit mit Weihnachten vergleichbar und beginnt mit dem Ende des Ramadan. Schon einige Tage vorher fällt die gesteigerte Betriebsamkeit auf den Straßen auf. Es werden große Mengen an Speisen, Süßwaren und anderen köstlichen Spezialitäten eingekauft. Während der Feiertage soll in jedem Haushalt geschlemmt werden; königlich und natürlich besonders süß.
Im Fokus steht das Zusammensein mit den engsten Familienmitgliedern. Demgemäß reisen in Marokko viele Menschen kurz vor Eid al Fitr nach Hause zu ihren Familien. In den Straßen der Städte herrscht dann auf einmal gähnende Leere. Eid al-Fitr ist ein gesetzlicher Feiertag. Schulen, öffentliche Institutionen und zahlreiche Geschäfte bleiben geschlossen. Die Eingeschränktheit des öffentlichen Lebens erreicht ihren Höhepunkt. Es hat schon etwas Besonderes, wenn auf einmal die gesamte Medina von Marrakesch menschenleer ist.
Der Ramadan Kalender: Wann ist Ramadan?
Da sich die islamische Zeitrechnung seit der Wanderung Mohammeds nach Medina auf den Mondkalender bezieht, fällt Ramadan jedes Jahr in einen anderen Zeitraum.
Demnach beginnt mit dem ersten Licht des Neumondes ein neuer Monat. Also dann, wenn die zunehmende Mondsichel beziehungsweise das Neulicht zum ersten Mal zu sehen ist. Da die Länge eines Mondmonats allerdings zwischen 29 und 30 Tagen variiert und damit bis zu 12 Tage kürzer als ein Sonnenjahr ist, verschiebt sich der Beginn des 9. islamischen Monats in jedem Jahr ein Stück nach vorn.
Für die kommenden Jahre steht der Termin für den Ramadan bereits fest. Jedoch ist diese Zeitangabe vorläufig. Verschiebungen von bis zu zwei Tagen sind möglich.
Ramadan-Kalender | |
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Ramadan 2024 | 10. März - 08. April |
Ramadan 2025 | 28. Februar - 30. März |
Ramadan 2026 | 16. Februar - 18. März |
Ramadan 2027 | 7. Februar - 8. März |
Ramadan 2028 | 27. Januar - 25. Februar |
Reisen während des Ramadan
Auf den ersten Blick erscheint der Ramadan für den Reisenden lästig. Die Geschäfte sind oftmals kürzer geöffnet. Viele Restaurants und Cafés sind bis zum Fastenbrechen gänzlich geschlossen. Staatliche Stellen sind nur eingeschränkt geöffnet, während Museen und andere Sehenswürdigkeiten spezielle Öffnungszeiten haben. Überhaupt geht alles viel langsamer voran als sonst.
Kurz gesagt sind das relativ kleine Einschränkungen. Diese können zwar mitunter etwas nerven, aber problematisch sind sie kaum. Insofern ist die größte Herausforderung bei Reisen in Marokko während des Ramadan die Zeit vor dem Zuckerfest. Einerseits ist der Fahrplan der öffentlichen Verkehrsmittel zu Eid al Fitr ohnehin eingeschränkt. Andererseits sind bedeutend mehr Leute als sonst unterwegs, weil viele zu ihren Familien reisen.
Daher sollte man längere Busreisen unbedingt so früh wie möglich buchen. Sonst ist mit großer Wahrscheinlichkeit kein Platz mehr frei. Diese Einschränkung betrifft dich natürlich nicht, wenn du mit einem Mietwagen unterwegs bist. Empfehlenswerte Busverbindungen werden zum Beispiel von CTM angeboten.
Chancen
Wie bereits erwähnt, bringt der Ramadan in Marokko für den eigenen Urlaub nicht nur Einschränkungen mit sich. Das Gegenteil ist der Fall. Das gemeinsame Fasten und Innehalten einer ganzen Gesellschaft ist auch für Unbeteiligte eine einzigartige Erfahrung. Schließlich kann man diese spirituelle und gemeinschaftsstiftende Facette des Islam nur in einem muslimischen Land erleben.
Der tägliche Höhepunkt des Ramadan ist natürlich das allabendliche Fastenbrechen. Zwar nehmen viele diese Mahlzeit im Kreis ihrer Familien ein, doch treffen sich auch viele Marokkaner in Restaurants und Cafés mit speziellen Eid al Fitr-Angeboten. Ein gute Gelegenheit, um mit dem eigenen Abendessen bis zum Sonnenuntergang zu warten und das Spektakel aus nächster Nähe zu erleben. Sollte dich jemand zum Fastenbrechen einladen, so lass dir dieses Erlebnis auf keinen Fall entgehen.
Wenn du während des Ramadan in Marrakesch bist, solltest du unbedingt zur richtigen Zeit die Koutoubia-Moschee besuchen. Es ist wirklich atemberaubend, wie sich die unzähligen Muslime zum gemeinsamen Gebete vor der Moschee versammeln.
Tipps
- Während des Ramadan solltest du aus kulturellem Respekt darauf verzichten, in der Öffentlichkeit zu rauchen. Es ist fairer gegenüber den Fastenden, wenn du nicht vor ihren Augen isst oder trinkst. Dies ist natürliche deine individuelle Entscheidung. Es gibt dahingehend keine Bestimmungen oder Verbote.
- Wenn du einen eng gestrickten Reiseplan hast und auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen bist, solltest du deine Bus- und Zugtickets so früh wie möglich buchen.
- Während des Ramadan haben viele Sehenswürdigkeiten eingeschränkte Öffnungszeiten.
- Kleide dich während des Ramadan noch dezenter als ohnehin schon in Marokko.
- Wenn jemand gereizt auf dich reagiert, bleibe gelassen. Der Verzicht auf Nahrung und Getränke erzeugt verständlicherweise eine gewissen Anspannung.
- Sei dir bewusst, dass das Fasten der Konzentration nicht unbedingt zuträglich ist. Daher solltest du längere Busreisen und Autofahrten eher in die frühen Tagesstunden verlegen.