Kirchen in Marokko

Marokko ist ein Land mit einer beeindruckenden konfessionellen Vielfalt, auch wenn der Islam – überwiegend in seiner sunnitischen Ausprägung – das religiöse Leben klar dominiert. Neben der muslimischen Mehrheit gibt es auch christliche und jüdische Minderheiten, die teils auf eine lange Tradition zurückblicken. Besonders in den größeren Städten finden sich bis heute Spuren dieser kulturellen und religiösen Vielfalt – und dazu gehören auch christliche Kirchen.​

Aktuell gibt es in Marokko rund 44 Kirchen, die überwiegend während des französischen Protektorats (1912–1956) erbaut wurden. Der Großteil dieser Kirchen wird heute von katholischen und evangelischen Gemeinden genutzt. Viele Besucher sind ausländische Christen sowie Migranten, während einheimische marokkanische Christen ihren Glauben häufig nur privat und im Verborgenen praktizieren. Die katholischen Gemeinden sind in den beiden Erzbistümern Rabat und Tanger organisiert, die zusammen 35 Pfarrgemeinden umfassen.​

Rechtliche Situation von Kirchen in Marokko

Vom marokkanischen Staat wurden in erster Linie Kirchen für ausländische Christen anerkannt. Dagegen sind neue Kirchenbauten heute kaum noch möglich. Einige historische Kirchengebäude wurden zu Versammlungshallen oder Verwaltungsgebäuden umgewandelt, die meisten jedoch sind weiterhin als Gotteshäuser aktiv. Besonders markante Beispiele sind die Kathedrale Saint-Pierre in Rabat, die Kathedrale der Himmelfahrt in Tanger, die Kirche Notre-Dame-de-Lourdes in Casablanca sowie die Kirche der Heiligen Märtyrer in Marrakesch.​

Die wichtigsten Kirchen in Marokko verteilen sich auf die beiden katholischen Erzbistümer Rabat und Tanger sowie auf einige orthodoxe und protestantische Gotteshäuser. Offizielle und zuverlässige Gesamtlisten sind selten öffentlich zugänglich, jedoch enthalten die großen Quellen alle regelmäßig genutzten und bekannten Einrichtungen.​

StadtName der KircheKonfession
RabatKathedrale Saint-PierreRömisch-katholisch
RabatKirche Notre DameRömisch-katholisch
CasablancaKirche Notre-Dame-de-LourdesRömisch-katholisch
CasablancaKirche Herz Jesu (Sacré-Cœur)Römisch-katholisch
CasablancaKirche Saint-François d’AssiseRömisch-katholisch
CasablancaRussisch-Orthodoxe KircheRussisch-Orthodox
MarrakeschKirche der Heiligen MärtyrerRömisch-katholisch
TangerCathédrale Notre-Dame-de-l’AssomptionRömisch-katholisch
TangerKirche der Unbefleckten Empfängnis (Immaculata Conceptio)Römisch-katholisch
TangerSankt-Andreas-KircheAnglikanisch
AgadirKirche Saint-AnneRömisch-katholisch
AgadirAnglikanische KircheAnglikanisch
FèsKirche Saint-François d’AssiseRömisch-katholisch
MeknèsKirche Saint-LouisRömisch-katholisch
OujdaKirche Saint-LouisRömisch-katholisch
KenitraKirche Saint-PierreRömisch-katholisch
TétouanKirche San BartholomewRömisch-katholisch
SafiKirche Saint FrançoisRömisch-katholisch
El JadidaKirche Saint-JacquesRömisch-katholisch
EssaouiraKirche Notre Dame de la PaixRömisch-katholisch
MohammediaKirche Saint-Jean-BaptisteRömisch-katholisch
LaracheKirche del PilarRömisch-katholisch
SettatKirche Sainte ThérèseRömisch-katholisch
Ksar El-KebirKirche Christ RoiRömisch-katholisch
AsilahKirche San BartolomeoRömisch-katholisch
LaayouneKirche Saint-François d’AssiseRömisch-katholisch
DakhlaKirche Christ RoiRömisch-katholisch

Die Gesamtzahl liegt aktuellen Schätzungen zufolge bei etwa 35 aktiven katholischen Kirchen, ergänzt um weitere protestantische, anglikanische und orthodoxe Gotteshäuser.​

Der christliche Alltag in Marokko

Obwohl der Islam in Marokko Staatsreligion ist und die christliche Gemeinschaft zahlenmäßig klein ist (größtenteils ausländische Studierende, Migranten und Expats), spielt sie eine anerkannte, wenn auch klar regulierte Rolle im Land.

Regelmäßige Gottesdienste in Marokkos Kirchen

Die offiziell anerkannten Kirchen, insbesondere die römisch-katholischen und protestantischen Gemeinden, bieten in den größeren Städten wie Rabat, Casablanca, Marrakesch und Tanger regelmäßige Gottesdienste an. Diese richten sich offiziell fast ausschließlich an ausländische Gläubige.

Diese Gottesdienste sind oft sehr lebendig und geprägt von der großen Zahl an subsaharischen Migranten und Studierenden, die in Marokko eine neue Heimat gefunden haben. Die Kirchenbänke füllen sich sonntags und bieten den Gläubigen einen wichtigen Ort der Gemeinschaft.

Interreligiöser Dialog und Kontakt zu Moscheen

Der interreligiöse Dialog wird in Marokko vor allem auf höchster staatlicher Ebene gefördert, beispielsweise durch die Besuche von Papst Franziskus. Die katholische Kirche bemüht sich aktiv, ihr Image als „Religion der einstigen Kolonialherren“ abzulegen und engagiert sich stark im Bildungs- und Sozialbereich.

Direkter Kontakt zwischen Kirchen und Moscheegemeinden findet jedoch nur in sehr begrenztem Umfang statt, da die marokkanische Gesetzgebung die Missionierung streng verbietet. Auch die Besichtigung von Moscheen ist für Nicht-Muslime – mit Ausnahme der Hassan-II.-Moschee in Casablanca – untersagt, was den physischen Austausch zwischen den Glaubensstätten einschränkt. Die Kirchen konzentrieren sich daher auf das Dienen und den indirekten Dialog durch wohltätige Arbeit.

Blick der marokkanischen Bevölkerung auf die Kirchen

Das Standing der Kirchen bei der breiten marokkanischen Bevölkerung ist ambivalent. Die Präsenz der christlichen Kirchen wird vom Königshaus offiziell geduldet und als Zeichen der Toleranz nach außen präsentiert, solange die Gesetze gegen die Missionierung eingehalten werden. Die Kirchen werden meist als religiöse Institutionen für Ausländer betrachtet. Der christliche Glaube wird von Teilen der Gesellschaft als etwas angesehen, das nicht zur traditionellen marokkanischen Identität gehört. 

Marokkaner, die vom Islam zum Christentum konvertieren, müssen mit erheblichen gesellschaftlichen Schikanen und sozialer Stigmatisierung rechnen, da der Islam Staatsreligion ist und der Glaubenswechsel als Bruch gesellschaftlicher Normen gilt. Der Glaubensalltag marokkanischer Christen findet daher häufig nur heimlich in sogenannten Hauskirchen statt.

Fazit 

Die christlichen Kirchen in Marokko sind ein sichtbarer, wenn auch klar abgegrenzter, Teil der marokkanischen Kulturlandschaft. Sie dienen als wichtiger Ankerpunkt für die große ausländische Gemeinschaft und tragen durch ihr soziales Engagement zum Gemeinwohl bei. Touristen sollten sich dieser Balance bewusst sein: Die Existenz der Kirchen zeugt von einer grundsätzlichen konfessionellen Toleranz, jedoch sind die Grenzen für das interreligiöse Leben deutlich.

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