Ein Besuch in einem marokkanischen Hammam ist eine fantastische Möglichkeit, um die Kultur Marokkos hautnah zu erleben und dabei eine sehr authentische Erfahrung zu machen oder sich einfach bei einer ausgedehnten Wellness-Sitzung so richtig verwöhnen zu lassen.
Nach einer Nacht in der Wüste ist ein Hammam meist die einzig realistische Option, die letzten Krümel Wüstensand von der Haut zu kriegen. Doch ein marokkanischer Hammam bietet dir noch viel mehr als nur Körperpflege. Wenn man gemeinsam im Halbdunkel des warmen Hammams sitzt, nur in Badesachen, und mit Einheimischen ins Gespräch kommt, interagiert man anders, als wenn man sich vollständig bekleidet in einem Café trifft. Solche seltenen Gelegenheiten zu authentischen Gesprächen sollte man unbedingt ergreifen.
In diesem Beitrag erfährst du mehr über die Geschichte marokkanischer Badehäuser und ihre heutige Bedeutung. Außerdem erkläre ich dir, wie der Besuch in einem klassischen Hammam in Marokko abläuft, worauf du achten und was du mitbringen solltest.
Inhalt
Was ist ein Hammam?
Ein Hammam ist ein traditionelles Badehaus, das in der Regel aus mehreren unterschiedlich temperierten Räumen besteht, die zum Entspannen und zur gründlichen Reinigung des Körpers dienen. Die Wurzeln der Baderituale reichen bis in die arabische und türkische Kultur, wo sie seit Jahrhunderten eine wichtige Rolle in der täglichen Hygiene und Körperpflege spielen.
Ein marokkanischer Hammam unterscheidet sich leicht vom traditionellen Thermalbad: Heißer Dampf anstelle von Thermalwasser sorgt für eine tiefe und belebende Reinigung.
Öffentliche Hammams
Diese preiswerten Badehäuser findest du noch immer in den alten Medinas jeder größeren Stadt Marokkos und oft auch in den neueren Stadtteilen. Sie dienen nicht nur der körperlichen Hygiene, sondern erfüllen eine wichtige Funktion als sozialer Treffpunkt. Der Eintritt kostet ca. 10 DH.
Private Hammams und Spas
Daneben gibt es deutlich teurere Wellness- und Spa-Angebote für besondere Entspannungsmomente, luxuriöse Behandlungen sowie mehr Privatsphäre. Diese werden vorwiegend von Touristen und wohlhabenden Marokkanern in Anspruch genommen. Die Preise beginnen bei ca. 100 DH und variieren je nach Service.
Welche soziale Rolle spielen öffentliche Hammams?
In der marokkanischen Medina gelten Hammams gleich nach den Moscheen als die bedeutendsten Gebäude. Sie gehören neben der Gemeinschaftsbäckerei, dem Brunnen und der Madrasa (Koranschule) zu den fünf traditionellen Elementen, die in jedem Viertel der Medina zu finden sind.
Öffentliche Hammams spielen in Marokko eine zentrale soziale Rolle. Sie sind fester Bestandteil der kulturellen Identität Nordafrikas und des Nahen Ostens. Die Badehäuser sind weit mehr als Orte der Körperpflege: Hammams sind oft Treffpunkte für Menschen unterschiedlicher Gesellschaftsschichten und dienen der sozialen Interaktion und dem Austausch von Neuigkeiten mit Freunden und Verwandten. Insbesondere in ländlichen Gebieten, wo viele Haushalte oft keine privaten Bäder besitzen, ist der Hammam ein unverzichtbarer Ort des sozialen Lebens.
Traditionell wird der Hammam von einem sogenannten Farnatchi beheizt; einem Mann, der für das Feuer unter dem Badehaus zuständig ist und damit für die Erwärmung der Böden und Wände sorgt. Dem Farnatchi wird auch die Zubereitung der Tangia anvertraut. Das ist ein traditioneller Eintopf aus Marrakesch, der in einer tönernen Amphore klassischerweise über mehrere Stunden im Feuer des Hammam gart.
Unabhängig von ihrer gesellschaftlichen Stellung besuchen die meisten Marokkaner einmal wöchentlich den Hammam, insbesondere donnerstags und freitags. Diese Tage sind, aufgrund des wichtigen Freitagsgebets, besonders beliebt.
Geschichte der Hammams in Marokko
Die Ruinen des ältesten bekannten Hammams in Marokko befinden sich in Volubilis und stammen aus dem späten 8. Jahrhundert. Sie zeugen von der tief verwurzelten Tradition der Hammams, die während der Zeit der Römer und Araber erbaut wurden.
Im Laufe der Zeit entwickelten sich die Hammams zu einem wesentlichen Bestandteil des Alltagslebens. Heute gilt Marokko als das Land mit der weltweit größten Anzahl von Badehäusern. Schätzungen zufolge gibt es ungefähr 5000 öffentliche und private Hammams in dem nordafrikanischen Land, die von Menschen aller Gesellschaftsschichten besucht werden. Besonders in Städten wie Marrakesch und vor allem Fes sind viele dieser historischen Hammams bis heute erhalten geblieben. Allein in Fes zählt man heute noch 30 von ihnen.
Architektur und Aufbau marokkanischer Hammams
Marokkanische Hammams sind meist kleiner als ihre römischen oder byzantinischen Vorgänger. Sie fügen sich — im Gegensatz zu anderen Ländern, wo Badehäuser eher freistehend erbaut wurden — diskret in die Architektur benachbarter Gebäude ein. Unscheinbare, fensterlose Fassaden sowie L-förmige Eingänge machen sie oft schwer erkennbar. Sie sind also alles andere als Monumentalbauten.
Ein markantes Merkmal sind die charakteristischen Kuppeln, die für die Drei-Raum-Struktur stehen. Das durch kleine Glasfenster in der Dachkuppel einfallende Licht taucht den Hammam in ein sanftes Halbdunkel und schafft eine ruhige Atmosphäre.
Die Räume im Detail
- Warmer Raum: Anregung der Durchblutung, Öffnen der Poren
- Heißer Raum: intensive Reinigung und Peelings
- Kühler Raum: Entspannung und Abkühlung
So läuft der Besuch in einem Hammam ab
Die meisten Hammams in Marokko sind nach Geschlechtern getrennt. Sie verfügen entweder über zwei separate Eingänge oder bieten unterschiedliche Öffnungszeiten für Frauen und Männer an.
Ankunft und Vorbereitung
Sobald du einen Hammam betrittst, befindest du dich meist sofort in einem blickgeschützten Umkleideraum. Bei den dort präsenten Angestellten bezahlst du den Eintritt und erfährst, wo du deine Kleidung verwahren kannst. In der Regel gibt es dafür vorgesehene Regale oder Spinde. Im Hammam tragen Männer normalerweise eine Badehose und Frauen ein Bikinihöschen.
Ich empfehle dir, dich an den Einheimischen zu orientieren, sowohl was Kleidung als auch das Verhalten betrifft. Doch keine Sorge, als Tourist wirst du in einem öffentlichen Hammam meiner Erfahrung nach extrem positiv aufgenommen und willkommen geheißen.
Das Baderitual
Durch eine Tür im Umkleideraum gelangst du in den beheizten Hammam-Bereich. Dieser besteht aus einem warmen, einem heißen und einem kühlen Raum.
Du akklimatisierst dich zunächst im warmen Raum, wo die Temperaturen zwischen 40 und 50°C liegen. Hierfür mischst du heißes und kaltes Wasser in einem der herumstehenden Plastikeimer oder deiner mitgebrachten Tasse, bis die gewünschte Temperatur erreicht ist und wäschst dich ausgiebig. Das Waschen erfolgt in der Regel im Sitzen, so dass du dich entspannt zurücklehnen und mit warmem Wasser benetzen kannst.
Anschließend betrittst du den heißen Raum. Oft verwendet man im Hammam kein Duschbad, sondern besorgt sich im Souk oder direkt im Hammam die traditionelle Savon Noir. Diese schwarze Seife, hergestellt aus dem Öl und dem eingeweichten Fruchtfleisch schwarzer Oliven, macht deine Haut geschmeidig und bereitet sie auf das Peeling vor.
Der Tebbaya
Das eigentliche Peeling wird mit einem sogenannten Kess, einem Badehandschuh mit relativ rauer Oberfläche, durchgeführt. In öffentlichen Hammams schrubben sich Freunde und Familienmitglieder meist gegenseitig. Wenn du möchtest, kannst du diese Aufgabe dem Tebbaya überlassen. So heißen die Mitarbeiter, die quasi als Bade- und Massagemeister in den Hammamräumen unterwegs sind. Sie begleiten Neulinge gerne durch ihren ersten Hammam-Besuch.
Das Schrubben und Abrubbeln der abgestorbenen Hautzellen mit dem Kess wird wenig zimperlich durchgeführt. Das kann anfangs ungewohnt sein, denn der Tebbaya behandelt jeden Zentimeter deines Körpers, einschließlich empfindlicher Bereiche wie Brust, Unterarme und Innenseiten der Oberschenkel. Sei nicht überrascht, wenn es ein bisschen wehtut und die Haut danach gerötet ist. Das gehört dazu.
Für die Massage eines Tebbaya bezahlst du in der Regel zwischen 30 und 50 DH.
Nach dem Peeling begibst du dich in den kühlen Raum, um dich zu entspannen und deinen Kreislauf wieder zu stabilisieren.
Wellness und Spa
In privaten Hammams, die oft ein Spa-Programm anbieten, läuft das Baderitual etwas anders ab. Hier teilst du die Räumlichkeiten selten mit anderen und die Behandlung ist wesentlich privater. Der Schwerpunkt liegt mehr auf Entspannung und Wellness als auf Reinigung oder den Austausch miteinander.
Zudem folgen nach dem Peeling mit dem Kess häufig wohltuende Massagen, reinigende Gesichtsmasken oder Behandlungen mit Ghassoul. Diese mineralhaltige Tonerde hat antibakterielle Eigenschaften und reinigt die Haut, indem sie Giftstoffe an die Hautoberfläche zieht. Häufig wird das Ritual mit einem Hauttonikum aus Orangenblütenwasser oder Zitronensaft abgeschlossen.
Was du in ein öffentliches Hammam mitbringen solltest
Diese Utensilien solltest du dabei haben:
- Badelatschen oder Sandalen
- ein Handtuch
- einen Kess (der Schrubbhandschuh)
- Savon Noir (schwarze Seife)
- Shampoo, Duschgel oder Seife
- Badehose oder Bikinihöschen (zum Bedecken des Unterleibs)
- Kleidung zum Wechseln
- Kleingeld für den Eintritt, das Peeling oder die Massage
Falls dir etwas fehlt, kannst du vieles davon (Seife, Peelinghandschuh) im Souk kaufen. Viele Hammams stellen diese Dinge aber auch gegen eine geringe Gebühr zur Verfügung.
Der Preis für einen Besuch im öffentlichen Hammam in Marokko liegt zwischen 10 bis 20 DH (ca. 1-2 Euro) oder 50 DH inklusive Peeling.
Preise für ein privates Hammam variieren je nach gewähltem Service und Standort. Eine traditionelle Hammam-Behandlung (mit Peeling und Massage) kostet im Durchschnitt zwischen 150 und 200 DH (ca. 15-20 Euro). Luxuriösere Angebote, die zusätzliche Wellness-Services wie Aromatherapie oder Gesichtsbehandlungen beinhalten, können jedoch teurer sein. Es empfiehlt sich, vorab Preisvergleiche durchzuführen.
In Marokko sind die meisten Hammams nach Geschlechtern getrennt, entweder durch separate Eingänge und Badebereiche oder unterschiedliche Öffnungszeiten. Es gibt jedoch auch gemischte Hammams sowie Hammams, die ausschließlich für Frauen oder Männer zugänglich sind.
Ein Hammam und eine Sauna unterscheiden sich in ihrer Art der Wärmeerzeugung und ihrer Zielsetzung. Ein Hammam wird traditionell mit Feuer und Wasser erhitzt. In einer Sauna hingegen wird die Hitze durch elektrische Heizstäbe oder einen Ofen erzeugt. Der Fokus eines Hammams liegt auf Reinigung und Entspannung. Dahingegen ist der Zweck einer Sauna das Schwitzen und die Erhöhung der Herzfrequenz, um die Durchblutung zu verbessern und das Herz-Kreislauf-System zu stärken.
Ja, du kannst die im Hammam verwendeten Kosmetika wie Savon Noir oder Ghassoul im Internet bestellen.