Christoph Kolumbus und die maurischen Spuren der „Neuen Welt“

Als Christoph Kolumbus im Jahr 1492 in See stach, war Europa im Umbruch. Während die spanische Krone den letzten muslimischen Staat der Iberischen Halbinsel beseitigte, öffnete sich zugleich ein weltgeschichtlicher Horizont. Die Entdeckung der „Neuen Welt“ erscheint bis heute als triumphaler Akt der christlich-europäischen Expansion. Doch dieser Blick verdeckt, wie tief Kolumbus’ Denken, seine Werkzeuge und seine Erfahrungen in jener maurisch-islamischen Welt verwurzelt waren, die Spanien im selben Moment politisch überwunden zu haben glaubte.

Das Jahr 1492 gilt in der Geschichtsschreibung als scheinbar eindeutiger Wendepunkt zwischen Mittelalter und Moderne. Für die Zeitgenossen jedoch war es kein symbolisches Datum, sondern der Kulminationspunkt jahrzehntelanger religiöser Spannungen, militärischer Auseinandersetzungen und tiefgreifender kultureller Verschiebungen. Mit dem Fall Granadas endete die fast achthundertjährige muslimische Präsenz auf der Iberischen Halbinsel. Gleichzeitig begann mit der Expedition eines genuesischen Seefahrers im Dienst der spanischen Krone ein Prozess, der die Weltordnung dauerhaft verändern sollte.

Christoph Kolumbus, geboren als Cristoforo Colombo, war ein Protagonist dieser Übergangszeit. Er entstammte einer mediterranen Handelswelt, in der christliches Europa und der islamische Maghreb über Jahrhunderte hinweg nicht in Konflikt standen, sondern miteinander verbunden waren. Navigation, Kartographie, Astronomie und Handelstechniken, auf die Kolumbus zurückgriff, waren ohne die wissenschaftlichen Leistungen der islamischen Welt kaum denkbar.

Als Kolumbus im Januar 1492 vor den Toren der Alhambra Zeuge der Kapitulation des letzten maurischen Sultans Boabdil wurde, bedeutete dies einen historischen Epochenwechsel. Der politische Sieg über al-Andalus schuf erst jene finanziellen, militärischen und ideologischen Voraussetzungen, die sein atlantisches Projekt ermöglichten. Paradoxerweise beruhte dieses Projekt in entscheidenden Punkten auf dem Wissen und den Erfahrungen jener maurischen Zivilisation, deren Herrschaft Spanien gerade beendet hatte. 

Wer war Christoph Kolumbus? 

Christoph Kolumbus war vieles zugleich: Webergeselle, Autodidakt, religiös geprägter Denker und geschäftstüchtiger Unternehmer. Geboren wurde er 1451 in Genua als Sohn des Wollwebers Domenico Colombo. Seine Herkunft deutet zunächst auf ein bürgerliches Leben ohne große Perspektiven hin. Doch Genua war im 15. Jahrhundert keine Provinzstadt, sondern eine der großen maritimen Republiken des Mittelmeerraums und eng verflochten mit dem Fernhandel zwischen Europa, Nordafrika und dem östlichen Mittelmeer.

In dieser Umgebung kam Kolumbus früh mit einer Welt in Berührung, die weit über den lateinisch-christlichen Horizont hinausreichte. Der Handel mit Textilien, Gewürzen und insbesondere mit Zucker prägte die genuesische Wirtschaft. Zucker war ein Importgut, dessen Anbau- und Verarbeitungstechniken aus dem arabisch-islamischen Raum stammten.

Wichtige biografische Daten zu Christoph Kolumbus im Überblick:

NameChristoph Kolumbus (ital.: Cristoforo Colombo, span.: Cristóbal Colón)
Geboren1451 in Genua (Republik Genua)
Gestorben20. Mai 1506 in Valladolid (Spanien)
BerufSeefahrer und Navigator im Dienst der spanischen Krone
ReisenVier transatlantische Expeditionen (1492–1504)
Schiffe der ersten ReiseSanta María, Pinta, Niña

In seinen Zwanzigern fuhr Kolumbus zur See und segelte für die großen genuesischen Handelshäuser Spinola und Centurione. Diese Reisen führten ihn bis zur Insel Chios in der Ägäis, damals ein strategischer Außenposten in unmittelbarer Nähe zum expandierenden Osmanischen Reich. Hier erlebte er die politischen und ökonomischen Spannungen zwischen christlichen Handelsmächten und islamischen Großreichen aus nächster Nähe.

Ein Schiffbruch vor der portugiesischen Küste im Jahr 1476 markierte eine Zäsur. Kolumbus ließ sich in Lissabon nieder, an jenem westlichen Rand Europas, von dem aus Portugal systematisch die afrikanische Küste erkundete. Dort verbanden sich seine praktischen Erfahrungen als Seemann mit seinem theoretischen Wissen. Gemeinsam mit seinem Bruder Bartolomeo arbeitete er als Kartenzeichner und kam in Kontakt mit nautischen und geographischen Texten, die in weiten Teilen auf arabischen und maurischen Quellen beruhten.

Lissabon war zu dieser Zeit ein Umschlagplatz für Wissen ebenso wie für Waren. Unter Seeleuten und Kosmographen kursierten Berichte aus Nordafrika, Karten der westafrikanischen Küste sowie Übersetzungen arabischer Geographen. In diesem Umfeld begann Kolumbus, sich systematisch mit jenen Wissensbeständen auseinanderzusetzen, die im christlichen Europa lange Zeit als fremd galten, in der Praxis der Seefahrt jedoch unverzichtbar waren.

Das nautische Erbe der Mauren

Die Seefahrt des 15. Jahrhunderts beruhte auf einem über Jahrhunderte hinweg gewachsenen Wissensstand. In den Zentren der islamischen Welt – in Bagdad, Kairo, Córdoba und im westlichen Maghreb – wurde dieses antike Wissen bewahrt und systematisch weiterentwickelt. Astronomie, Geographie und Mathematik bildeten dort eine Einheit, die unmittelbar auf praktische Anwendungen zielte und Kalenderrechnung, Navigation oder Kartographie ermöglichten. Als diese Texte ab dem Hochmittelalter in Europa zirkulierten, bildeten sie die Grundlage einer neuen nautischen Rationalität.

Kolumbus’ Plan, Asien auf westlichem Kurs zu erreichen, stützte sich fast vollständig auf diese arabisch-islamischen Wissensbestände, vermittelt durch lateinische Übersetzungen, Seekarten und Kompendien, die im mediterranen Raum kursierten. Seine Berechnungen waren zwar gelehrt, aber nicht originell. Neu war allerdings der Schluss, den er aus ihnen zog.

Al-Farghani und ein folgenschwerer Rechenfehler

Zu den zentralen Autoritäten, auf die sich Kolumbus berief, gehörte der Astronom al-Farghani, im lateinischen Europa als Alfraganus bekannt. Im 9. Jahrhundert hatte er im Auftrag des Kalifen al-Ma’mun den Erdumfang berechnet und dabei festgestellt, dass ein Breitengrad am Äquator einer Länge von 56 ⅔ arabischen Meilen entsprach. Für die damalige Zeit war dies eine bemerkenswert genaue Angabe.

Kolumbus übernahm diesen Wert, interpretierte ihn jedoch falsch. Er setzte die arabische Meile mit der deutlich kürzeren italienischen Meile gleich. Diese Verschiebung blieb nicht marginal, sondern wirkte sich unmittelbar auf das Gesamtbild aus. In seinen Berechnungen schrumpfte der Erdumfang um etwa ein Viertel.

Auf dieser Grundlage erschien der Abstand zwischen den Kanarischen Inseln und Japan überschaubar. Kolumbus ging von rund 2.400 Seemeilen aus, einer Strecke, die mit den Schiffen seiner Zeit als riskant, aber machbar galt. Die tatsächliche Entfernung war um ein Vielfaches größer. Der Irrtum lag nicht in den Quellen selbst, sondern in ihrer Übertragung in ein anderes Maßsystem.

Die Technologie des Maghreb auf spanischen Decks

Neben Zahlen und Texten spielten die Navigationinstrumente eine ebenso zentrale Rolle. Die Bestimmung der geografischen Breite auf offener See beruhte auf dem Astrolabium, einem Gerät, das von muslimischen Astronomen über Generationen hinweg verfeinert worden war. Seine Anwendung setzte mathematisches Verständnis ebenso voraus wie routinierte Beobachtung des Himmels.

Ohne diese Technik wäre eine dauerhafte Orientierung auf dem offenen Atlantik kaum möglich gewesen. Die Fähigkeit, die Höhe von Sonne und Sternen präzise zu messen, war ein entscheidender Fortschritt gegenüber etablierten, küstennahen Navigationsformen.

Auch der Schiffstyp, mit dem Kolumbus segelte, war das Ergebnis dieser mediterran-islamischen Tradition. Die Karavellen Niña und Pinta nutzten das Lateinersegel, ein dreieckiges Segel, das das Kreuzen gegen den Wind ermöglichte. Diese Segelform war im Indischen Ozean und im arabischen Mittelmeerraum seit Langem verbreitet und wurde von portugiesischen und spanischen Seefahrern übernommen.

Selbst der Name verweist auf diese Herkunft: Das Wort „Karavelle“ lässt sich wahrscheinlich auf das arabische qārib zurückführen, eine Bezeichnung für ein leichtes, wendiges Boot.   

Nautischer Begriff (Spanisch)Arabischer UrsprungBedeutung
AlmiranteAmīr al-baḥrBefehlshaber des Meeres (Admiral) 
CarabelaqāribKleiner Bootstyp (Karavelle) 
Dársenadār aṣ-ṣinā‘aDock oder Werft 
Aceiteaz-zaytÖl (wichtig für die Schiffshaltung) 
Aduanaad-dīwānZoll (für den Handel nach der Rückkehr) 

Christoph Kolumbus Erkundungen der afrikanischen Küste

Bevor Kolumbus im August 1492 westwärts aufbrach, hatte er den Atlantik bereits aus südlicher Perspektive kennengelernt. Zwischen den späten 1470er Jahren und der Mitte der 1480er segelte er wiederholt entlang der Küsten des Maghreb und Westafrikas. Diese Fahrten machten ihn mit einem Raum vertraut, der für die iberischen Seemächte zunehmend strategisch bedeutend war.

Zu seinen Stationen gehörte Ceuta, das seit 1415 in portugiesischer Hand war. Die Stadt fungierte als militärischer Brückenkopf und als Umschlagplatz für Waren, die aus dem Inneren Afrikas an die Mittelmeerküste gelangten. Gold, Elfenbein und Sklaven wurden hier gehandelt, ebenso wie Informationen über Routen, Märkte und politische Verhältnisse jenseits der Sahara.

In Ceuta und im nahegelegenen Tanger begegnete Kolumbus der maurischen Zivilisation im Handelsalltag. Er sah die Karawanen, die aus dem Süden kamen, und hörte die Berichte von Kaufleuten, die zwischen Nordafrika, der Sahelzone und dem Atlantik verkehrten.

Von besonderer Bedeutung waren seine Erfahrungen mit den atlantischen Windsystemen. Vor der marokkanischen Küste konnte Kolumbus beobachten, wie die Passatwinde konstant nach Westen setzten. Anders als die wechselhaften Winde des Mittelmeers folgten sie einem verlässlichen Muster. Kolumbus schlussfolgerte daraus, dass es eine „ozeanische Förderbahn“ geben müsse, die ihn nach Indien bringen könnte.

Die Mission von Asilah: Ein Abstecher im Jahr 1502

Zu Beginn von Kolumbus’ vierter Reise kam es erneut zu direktem Kontakt mit dem marokkanischen Festland. Im Mai 1502 steuerte er mit seiner Flotte die Stadt Asilah (damals Arzila) an, die seit ihrer Eroberung durch die Portugiesen im Jahr 1471 ein wichtiger Stützpunkt an der atlantischen Küste Marokkos war. Von hier aus ließen sich Seewege kontrollieren und politische Entwicklungen im westlichen Maghreb beobachten.

Kolumbus’ Schwiegervater Bartolomeu Perestrelo war Gouverneur der Insel Porto Santo bei Madeira, einer Station im Netzwerk zwischen Portugal, Nordafrika und den Atlantikinseln. In den Archiven der Familie fand Kolumbus Karten, Berichte und Notizen über Treibgut, das von Westen an die Küsten gespült worden war. Darunter befanden sich bearbeitete Hölzer und Pflanzen, die in Europa unbekannt waren. Solche Funde verstärkten die Annahme, dass jenseits des offenen Meeres Land existieren müsse.

Die Belagerung von Granada und das Ultimatum von 1492

Jedoch erwies sich der Weg zur tatsächlichen Expedition für Christoph Kolumbus als langwierig. Über Jahre hinweg suchte er an verschiedenen Höfen Unterstützung, zunächst in Portugal, später in Kastilien. In Spanien hielt er sich im Umfeld des reisenden Hofes der katholischen Könige auf, während diese ihre militärischen Kräfte auf den letzten muslimischen Staat der Iberischen Halbinsel konzentrierten.

Zeitgenössische Berichte deuten darauf hin, dass Kolumbus das Kriegsgeschehen aus nächster Nähe verfolgte und die politische Dynamik dieses letzten Feldzugs verstand. Denn die Entscheidung über sein Projekt hing sichtlich vom Ausgang dieses Krieges ab.

Einige Quellen schreiben Kolumbus sogar eine aktive Beteiligung an der Belagerung von Baza im Jahr 1489 zu. Dort soll er durch persönlichen Einsatz aufgefallen sein. Ob diese Berichte in allen Details zutreffen, bleibt umstritten. Jedoch zeigt allein ihre Existenz, wie sehr Kolumbus sich bemüht hatte, sich als loyaler Diener der Krone zu präsentieren.

Mit der Übergabe Granadas am 2. Januar 1492 änderte sich die Lage grundlegend. Der jahrzehntelange Krieg war beendet, Ressourcen wurden frei und der politische Fokus verschob sich. Erst in diesem Moment konnte ein Projekt wie die geplante Westfahrt überhaupt in Erwägung gezogen werden.

Die Finanzierung der Expedition stand dabei in unmittelbarem Zusammenhang mit den Umwälzungen des Jahres 1492 und dem Vermögen, das durch den Sieg über das Emirat von Granada sowie die Vertreibung der jüdischen Bevölkerung verfügbar wurde.

Die maurische Präsenz an Bord: Crew und Dolmetscher

Als die drei Schiffe am 3. August 1492 den Hafen von Palos verließen, war der kulturelle Einfluss des Maghrebs auch physisch an Bord präsent. Denn die Besatzungslisten, die durch jahrelange Forschung rekonstruiert wurden, offenbaren eine Mischung aus Abenteurern, deren Wurzeln oft in Regionen lagen, die erst kurz zuvor maurisch gewesen waren. 

Luis de Torres und das Arabische in der Karibik

Einer der wichtigsten Männer an Bord der Santa María war Luis de Torres. Er war ein Jude, der erst kurz vor der Abreise getauft worden war, um der Ausweisung durch das Alhambra-Edikt zu entgehen. Kolumbus nahm ihn mit, weil Torres Hebräisch, Aramäisch und vor allem Arabisch beherrschte.   

In der Vorstellung Kolumbus’ würde er in den Reichen des Großen Khans landen, wo Arabisch als Sprache des Fernhandels bekannt war. Als Kolumbus im November 1492 auf Kuba landete, schickte er Torres mit einem Begleiter ins Landesinnere, um Kontakt mit der lokalen Bevölkerung aufzunehmen. 

Torres versuchte tatsächlich, die Taíno-Indianer auf Arabisch anzusprechen. Man kann sich die Verwirrung vorstellen. In den tropischen Wäldern der Karibik erklang zum ersten Mal die sakrale Sprache des Islams, gesprochen von einem spanischen Konvertiten, der glaubte, er stünde vor den Botschaftern eines asiatischen Kaisers. 

Doch obwohl die sprachliche Verständigung zunächst scheiterte, war es Torres, der als erster Europäer den Gebrauch von Tabak beschrieb und mit dieser Entdeckung die Weltwirtschaft ebenso verändern sollte wie mit der des Goldes.   

Die Brüder Pinzón und Pedro Alonso Niño

Die Führung der Schiffe lag in den Händen erfahrener Seeleute, deren Biographien eng mit dem maurischen Erbe Andalusiens verknüpft waren. Martín Alonso Pinzón, der Kapitän der Pinta, und sein Bruder Vicente Yáñez Pinzón von der Niña stammten aus Palos. Einige Historiker diskutieren darüber, ob die Pinzóns selbst moriskische (maurisch-christliche) Wurzeln hatten, da sie oft als Außenseiter gegenüber der zentralspanischen Aristokratie auftraten.

Besonders hervorzuheben ist weiterhin Pedro Alonso Niño, bekannt als „El Negro“. Er diente auf der Santa María, war afrikanischer Abstammung und wuchs in einer Seefahrerfamilie auf. Niño war ein Meister der Navigation, der die Strömungen des Atlantiks so gut kannte wie kaum ein anderer. Sein Wissen war für den Erfolg der ersten Reise unverzichtbar und er begleitete Kolumbus später auch auf seiner dritten Expedition. 

FunktionNameHerkunft / Hintergrund
GeneralkapitänChristoph KolumbusGenua, Italien 
DolmetscherLuis de TorresConverso (Jüdisch/Arabisch-Kenner) 
Pilot (Santa María)Pedro Alonso NiñoAfrikanisch-Spanisch („El Negro“) 
Kapitän (Pinta)Martín Alonso PinzónPalos de la Frontera, Andalusien 
Kapitän (Niña)Vicente Yáñez PinzónPalos de la Frontera, Andalusien 

Maghrebinische Spuren in der „Neuen Welt“

Während seiner Reisen stieß Kolumbus immer wieder auf Phänomene, die ihn an seine Zeit in Marokko und Westafrika erinnerten. 

Das Rätsel des Guanín-Goldes

Auf seiner zweiten Reise (1493–1496) erhielt Kolumbus von den Bewohnern der Insel Hispaniola Proben einer Goldlegierung, die sie Guanín nannten. Als er diese Proben nach Spanien zurückschickte, stellten die Metallurgen fest, dass die Zusammensetzung aus Gold, Silber und Kupfer identisch mit der aus den Goldwerkstätten Guineas und Marokkos war. Das Wort Guanín weist verblüffende Ähnlichkeiten mit dem westafrikanischen Mandinka-Wort ghanin sowie dem arabischen ghinaa (Reichtum) auf.   

Diese Entdeckung führte zur bis heute diskutierten Theorie, wonach maurische oder westafrikanische Seefahrer bereits vor 1492 Handelskontakte über den Atlantik unterhalten haben könnten. Kolumbus selbst notierte in seinem Tagebuch, dass die Ureinwohner von „schwarzen Menschen“ berichteten, die in großen Booten aus dem Südosten kamen, um mit Gold und Waren zu handeln.   

Almayzars und kulturelle Echos

Ein weiterer interessanter Berührungspunkt war die Kleidung. Kolumbus beobachtete, dass die Frauen auf den karibischen Inseln bunte Baumwolltücher trugen, die sie sich um den Kopf oder um die Hüften schlangen. In seinen Berichten nannte er diese Tücher Almayzars – ein spezifisch arabisches Wort für einen Schleier oder ein Wickelgewand, die im maurischen Spanien und in Marokko weit verbreitet waren.     

Der Lebenslauf von Christoph Kolumbus

Der Lebenslauf von Christoph Kolumbus ist eine dramatische Kurve, die im Triumph von 1492 gipfelte und in der Schmach von 1500 fast endete. Seine vier Reisen waren abenteuerliche Entdeckungsfahrten und Versuche, eine funktionierende Kolonialverwaltung aufzubauen. Kolumbus scheiterte an diesem Unterfangen kläglich.

ZeitraumEreignis
ca. 1451Geburt in Genua als Sohn des Wollwebers Domenico Colombo.​
1460er–1470erFrühe Seefahrten im Mittelmeer für genuesische Handelshäuser wie Spinola und Centurione, u. a. bis Chios.​
1476Schiffbruch vor Portugal; Umzug nach Lissabon, Arbeit als Kartenzeichner mit Bruder Bartolomeo.​
1479–1484Heirat mit Felipa Moniz Perestrello; Geburt des Sohnes Diego; Studium geographischer Werke.​
1485Witwer; Umzug nach Spanien mit Sohn Diego.​
1492Genehmigung der Katholischen Könige; Erste transatlantische Reise mit Santa María, Pinta und Niña; Landung in der Karibik.​
1493–1496Zweite Reise; Erkundung Kubas, Jamaikas; Gründung von La Isabela.​
1498–1500Dritte Reise; Erreichen des Festlands (Venezuela); Absetzung als Gouverneur der Indies.​
1502–1504Vierte Reise; Erkundung Mittelamerikas; Schiffbruch und Rückkehr.​
1506Tod am 20. Mai in Valladolid, Spanien.​

Christoph Kolumbus‘ Ende in Valladolid und die ewige Ruhe in Sevilla

Christoph Kolumbus starb am 20. Mai 1506 in Valladolid, einer Stadt im Herzen Kastiliens. Er war zu diesem Zeitpunkt etwa 54 Jahre alt und litt schwer unter einer Form reaktiver Arthritis, die ihn zeitweise blind und gehunfähig gemacht hatte. Er starb als wohlhabender, aber zutiefst enttäuschter Mann, da er sich vom Königshaus um seine rechtmäßigen Titel und Einnahmen betrogen fühlte.   

Interessanterweise blieb Kolumbus auch nach seinem Tod ein Reisender. Zunächst wurde sein Leichnam in Valladolid bestattet, dann nach Sevilla überführt und später nach Santo Domingo in der Karibik gebracht. Nach der französischen Eroberung der Insel wurden seine sterblichen Überreste nach Havanna (Kuba) verschifft und von dort nach dem Spanisch-Amerikanischen Krieg 1898 schließlich wieder zurück nach Sevilla verbracht. Heute ruht er in der prächtigen Kathedrale von Sevilla.   

Die Ironie der Geschichte will, dass die Kathedrale von Sevilla auf den Grundmauern der großen Almohaden-Moschee errichtet wurde. Deren Minarett, die Giralda, wacht noch heute stolz über das Grab des Mannes, der die Weltkarte mit Hilfe maurischer Wissenschaft neu zeichnete.   

Fazit: Keine Entdeckung der neuen Welt ohne die Mauren

Die maurische Zivilisation war das intellektuelle und technologische Skelett, an dem Kolumbus seine Vision aufhängte. Ohne die Geographie eines Al-Farghani, ohne die nautischen Instrumente des Maghreb, ohne die sprachliche Brücke eines Luis de Torres und ohne die seemännische Härte von Männern wie Pedro Alonso Niño wäre die Reise von 1492 nie über das Stadium eines Hirngespinstes hinausgekommen.   

Kolumbus war also nicht weniger als der Vollstrecker einer Vision, die in den Bibliotheken von Córdoba und an den Häfen von Marokko ihren Anfang nahm. Sein Erfolg war der letzte, paradoxe Triumph des maurischen Geistes auf europäischem Boden. Denn in dem Moment, als die Mauren selbst vertrieben wurden, trugen ihre Erkenntnisse die spanischen Flaggen über den Horizont in die neue Welt.

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