Der El Badi Palast: Geschichte, Architektur und Besuchstipps
Der El Badi Palast in Marrakesch war einst die größte und prachtvollste Palastanlage Marokkos. Er wurde als Symbol des goldenen Zeitalters der Saadier-Dynastie errichtet. Obwohl heute nur noch gewaltige Ruinen von seiner einstigen Pracht zeugen, lassen sich in den monumentalen Überresten die immensen Dimensionen dieses Herrschaftssitzes erahnen.
Der El Badi Palast in Marrakesch ist eines der eindrucksvollsten Baudenkmäler der Stadt, das als Ruine einen faszinierenden Einblick in die glanzvolle Epoche der Saadier um 1600 vermittelt. Der Palast wurde zwischen 1578 und 1603 von Sultan Ahmad al-Mansur zur Repräsentation der eigenen Macht und zum Gedenken an den Sieg über die Portugiesen in der Schlacht von Ksar el-Kebir erbaut.
Finanziert wurde das architektonische Großprojekt unter anderem durch Gold aus Timbuktu, was in einer beispiellosen Prachtentfaltung mündete: Der El Badi Palast war mit italienischem Marmor, andalusischen Kacheln, aufwendigen Zedernholzdecken und edlen Metallen aus aller Welt ausgestattet.
Inhalt
Aufstieg und Niedergang der Saadier am Beispiel des El Badi Palast
Der Name „El Badi“, was so viel wie „der Unvergleichliche“ bedeutet, war Ausdruck eines konkurrierenden Anspruchs gegenüber anderen Königsresidenzen Maghrebs und Andalusiens. Elemente wie die großen Wasserbecken, sorgfältig angelegte Patio-Gärten mit Orangen- und Granatapfelbäumen sowie die Hunderte von Stuck-verzierten Räumlichkeiten sollten von Größe und Raffinesse zeugen. Der Palast diente prunkvollen Audienzen, festlichen Empfängen und symbolisierte Marokkos Internationalität, da Künstler und Materialien aus verschiedenen Ländern zusammengebracht wurden.
Vom Herrschersitz zum Steinbruch
Die unvorstellbare Pracht währte jedoch nur knapp hundert Jahre. Die nachfolgende Dynastie unterbrach das goldene Zeitalter der Saadier. Denn der Alaouiten-Sultan Moulay Ismail (reg. 1672–1727) verlegte seinen Herrschaftssitz von Marrakesch nach Meknès und nutzte den El Badi Palast kurzerhand als Steinbruch, um seine neue Ville Impériale, das sogenannte „zweite Versailles“ Marokkos, zu errichten.
So ließ Moulay Ismail ab etwa 1696 große Teile der Palastanlage abtragen, um wertvolles Baumaterial nach Meknès zu transportieren. Marmorsäulen, Fliesen, Metallarbeiten und Holzdekorationen verschwanden, sodass heute nur noch die imposanten Umfassungsmauern, der Innenhof, Reste der Wasserbecken, Gewölbe und Ruinensäle zu sehen sind.
Architektur des El Badi Palasts
Trotzdem ist der Besuch ein Höhepunkt: Die Dimensionen (135 × 110 Meter) und die beeindruckende Geometrie der Anlage sind gut erhalten. In den vertieften Gärten des Hofes wurden einst duftende Pflanzen wie Orangen- und Jasminsträucher sowie Obstbäume wie Feigen und Granatäpfel kultiviert.
Besonders sehenswert ist die in den restaurierten Gewölben ausgestellte Minbar – eine kunstvolle Gebetskanzel aus dem Jahr 1137, ursprünglich für die Koutoubia-Moschee gefertigt, die die maurisch-andalusische Handwerkskunst exemplarisch demonstriert.
Während die Ruinen wildromantisch wirken, ist die Hauptattraktion nicht nur die Vergangenheit: Von den terrakottafarbenen Lehmmauern eröffnet sich ein schöner Blick auf Marrakesch, und an den Mauerkanten nisten zahlreiche Störche – sie sind zu einem weiteren Wahrzeichen von Marrakesch geworden.
In den restaurierten Kellergewölben gibt es kleine Ausstellungen zur Palastgeschichte und zur Archäologie des Gebiets. Die Besichtigung ist entspannt und oft weniger überlaufen als im Bahia-Palast. Empfehlenswert ist dabei der Besuch kurz vor Sonnenuntergang oder am frühen Morgen, wenn das Licht besonders stimmungsvoll auf die uralten Mauern trifft.
Restaurierung und Erhaltung des El Badi Palast
Großangelegte Restaurierungen wie bei der Medersa Ben Youssef sind für den El Badi bislang nicht dokumentiert. Es erfolgen fortlaufend Sicherungs- und Konservierungsarbeiten, besonders an den Zugängen, Mauern sowie für die Präsentation der Minbar und die Nutzung der unterirdischen Museumsräume.
Der Zustand der Ruinen wird von lokalen Behörden und dem staatlichen Denkmalschutz regelmäßig überprüft. Kleinere Modernisierungen etwa zur Barrierefreiheit und Wegeführung sind realisiert worden; umfassende Restaurierungsprojekte stehen weiter aus, was dem Ort einen besonderen – teils morbiden – Charme verleiht.
Das Museum für Fotografie (MMP)
Bis 2015 beheimatete der El Badi Palast auch das Museum for Photography and Visual Arts. Die Ausstellungen wurden als echter Geheimtipp für Kulturinteressierte geschätzt, doch das Museum wurde leider geschlossen. Inzwischen werden die restaurierten Räumlichkeiten anderweitig für wechselnde Ausstellungen und kulturhistorische Präsentationen genutzt.
Kulturelle Veranstaltungen
Im Sommer findet jährlich das berühmte Festival National des Arts Populaires statt. Dieses renommierte Folklorefestival bringt Tänzer, Sänger und Musikgruppen aus dem ganzen Land zusammen und zieht zahlreiche Gäste an. In den Abendstunden, wenn der Hof für die Darbietungen beleuchtet wird, kann man die monumentale Pracht der Anlage spüren.
Praktische Informationen und Tipps zum Palast El Badi
Der El Badi Palast liegt im südlichen Medina-Bereich, direkt am Place des Ferblantiers. Er ist fußläufig von wichtigen Sehenswürdigkeiten wie der Mellah, den Saadier-Gräbern und dem Bahia-Palast erreichbar.
Für die Besichtigung der weitläufigen Ruinen sollte man mindestens eine Stunde einplanen. Viele Bereiche, insbesondere der riesige Hof und die Ausstellungsräume im Erdgeschoss, sind für Besucher mit Mobilitätseinschränkung zugänglich.
- Standort El Badi Palast (Google Maps)
Öffnungszeiten und Eintrittspreise
Der El Badi Palast ist täglich durchgehend von 9 bis 17 Uhr geöffnet. Im Eintritt ist der Zugang zum Ausstellungsraum der Minbar enthalten.
Eintrittspreise | |
Erwachsene | 100 DH |
Kinder (7-13) | 30 DH |
Marokkanische Erwachsene | 30 DH |
Marokkanische Kinder (7-13) | 10 DH |
Fazit: Im El Badi Palast spürt man den Reiz des Verlorenen
Der El Badi Palast überzeugt nicht durch die feingliedrigen, luxuriösen Dekorationen, wie man sie im Bahia-Palast oder in den Saadier-Gräbern bewundern kann. Vielmehr liegt sein Reiz in der weitläufigen Ruinenlandschaft, der Großzügigkeit der Anlage und dem starken Kontrast zur lebendigen Altstadt von Marrakesch. Die schieren Dimensionen der Überreste machen begreifbar, wie gigantisch und unvorstellbar prachtvoll dieser Palast einst gewesen sein muss. Gleichzeitig offenbart die Geschichte des Areals auf eindringliche Weise, wie vergänglich Macht und Prunk sind.